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Der Hochchor des Frankfurter Doms

Der Hochchor des Frankfurter Doms und seine fest installierte Ausstattung sind trotz belebter Geschichte noch weitgehend im spätmittelalterlichen Zustand erhalten. Der gotische Chor wurde 1349 geweiht. In ihm finden sich zahlreiche Objekte, die auf die Schutzpatronen des Baus, den Heiligen Bartholomäus und Karl den Großen, Bezug nehmen.

Aber was hat Bartholomäus mit Frankfurt am Hut? Wie kam er zu seiner Stellung? Warum wird so oft auf Karls Konterfeit zurückgegriffen, obwohl er sich doch nachweislich nur einmal im Jahr 794 in Frankfurt aufhielt?

Diese Seite möchte mit Blick auf solche Fragen eine Übersicht zu den etwas verborgenen Ausstattungsgegenstände aus dem Spätmittelalter geben und sie in Beziehung zueinander setzen.

Seit seinen frühesten Anfängen in antiken Vorgängerbauten durchlief der Frankfurter Dom teils tief eingreifende Veränderungen. Vergrößerungen in Länge und Breite, Abbrüche, Anbauten und Umbauten wandeln das Erscheinungsbild. Auch der heutige Hochchor ist das Produkt einer jahrhunderteumfassenden Prozesskette.

Zugleich hatten diese steten Wandlungen Auswirkungen auf die Ausstattung der Kirche. Stücke kamen und gingen, wurden verändert, erweitert, versetzt oder fielen Zerstörung (etwa dem Dombrand 1867) zum Opfer1Dombrandquelle.

Geschichte des Chors

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Diese, bis heute letzten, großen Bauarbeiten am Chor fallen in eine Zeit, die von reger handwerklicher Tätigkeit am Kirchenhaus geprägt war. Zusammen hängt das wohl mit der Festlegung der Kirche als Wahlort der deutschen Könige evtl. bereits im Jahr 1315, definitiv aber im Jahr 1356.2Freigang, Christian: Der Frankfurter Dom als Wahlort der deutschen Könige. Architektonische, liturgische und politische Aspekte, in: Pelizaeus, Ludolf (Hrsg.): Wahl und Krönung in Zeiten des Umbruchs, Frankfurt am Main (u.a.) 2008, S. 131-156 (Mainzer Studien zur Neueren Geschichte ; 23);  Wolff, Carl: Der Kaiserdom in Frankfurt am Main. Eine baugeschichtliche Darstellung, Frankfurt a.M.: Carl Jügel’s Verlag 1892. Wahrscheinlich aber auch – und vielleicht vorwiegend – mit der Inbesitznahme der Reliquie des Heiligen Bartholomäus.3Hampel, Angerer: Der Kaiserdom zu Frankfurt am Main. Ausgrabungen 1991 – 93, Frankfurt a.M. 1994, S.53

Der gotische Polygonchor der Kirche Sankt Bartholomäus wurde ab 1315 gebaut und besteht bis heute weitgehend unverändert, wenn auch nicht unberührt. Er bildet die Verlängerung eines zuvor 15 m kürzeren Rechteckchors und umfasst drei Joche, die in einem 5/8-Abschluss enden. Der Chor wurde am 13. April 1349, rund 34 Jahre nach Baubeginn, endgültig geweiht. Die Weihurkunde hierzu wurde 1712 im Chor gefunden. Ein Jahr zuvor wurde die Höherlegung des Chors begonnen, die den ursprünglichen Eindruck heute etwas abwandelt.

Zielsetzung der Seite

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Mehrere Objekte im Hochchor nehmen Bezug aufeinander. Dieses Projekt möchte sie textlich und visuell in Beziehung zueinander setzen. Geschehen soll das mithilfe einer zeitlichen Einordnung sowie der Hervorhebung von Gemeinsamkeiten. Dabei spielen insbesondere die beiden Dompatrone – der Apostel Bartholomäus und der Karolinger Karl der Große – eine entscheidende Rolle. Denn diese treten immer wieder in auffälliger Zweisamkeit auf.

Was hat Bartholomäus mit Frankfurt am Hut? Wie kam er zu seiner Stellung? Warum wird so oft auf Karls Konterfeit zurückgegriffen, obwohl er sich doch nachweislich nur einmal im Jahr 794 in Frankfurt aufhielt?

Diese Visualisierung möchte über diese Zusammenhänge mittels der Objekte einen (kunst-)historisch gespeisten Überblick bieten.

Der Zeitstrahl wichtiger Daten

794

Karl der Große in Frankfurt beruft Kirchenversammlung

855

Erste Königserhebung in Frankfurt

882

Beurkundung Gründung Salvatorstift

1152

Wahl Friedrich I. von Hohenstaufen, Barbarossa, zum deutschen König in Frankfurt

1165

Heiligsprechung Karls des Großen

um 1215

Stift erhält Reliquie des Heiligen Bartholomäus, von nun als Sankt-Bartholomäusstift bekannt

1239

Fertigstellung romanischer Chor, Weihe zum Sankt-Bartholomäus-Stift

seit 1250

Neubau eines frühgotischen Langhauses, wahrscheinlich 1269 fertiggestellt

1267/68

Name Karls des Großen taucht im Anniversarskalender des Stifts auf

1315 - 1338

Neubau des gotischen Hochchors

1325 - 1350

Liturgisch abehaltenes Karlsfest etabliert sich

1345

Karl IV. - Gegenkönig Ludwig der Bayer, später Günther von Schwarzburg

um 1345

Chorgestühl gestiftet durch Kuno von Falkenstein

1346 - 1353

Südquerhausportal wird fertiggestellt - Figurenprogramm mit Karl und Bartholomäus

1349

Gegenkönig Schwarzburg tritt zurück

1356

Goldene Bulle unter Karl IV. bestimmt Frankfurt zum Wahlort der Könige/Kaiser

1400 - 1425

Bartholomäusfries entsteht

nach 1425

Sakramentshaus im Chor errichtet

um 1450

Die beiden Konsolenfiguren werden gestiftet

1562

Krönung Maximilians II. > Erste Kaiserkrönung in Frankfurt

Die Dompatrone

Ausschnitt des Heiligen Bartholomäus aus Titelblatt 
des liber censuum, 
1462-1590
Ausschnitt des Heiligen Bartholomäus aus Titelblatt des liber censuum, 1462-1590

Heiliger Bartholomäus

Der Apostel Bartholomäus erlag auf seinen durch Jesus beauftragten Pilgerreisen dem Märtyrertod. Seine Stellung in Frankfurt wird durch die Beschaffung einer Reliquie, seiner Hirnschale, ab 1215 begründet. Im Zuge dessen wurde die Frankfurter Stiftskirche ihm zu Ehren geweiht. Anfangs noch als Ko-Patron neben Sankt Salvator, bald allein und letztlich zusammen mit Karl dem Großen leiht er dem Stift seinen Namen.

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Bartholomäus war einer der zwölf Apostel Christi. Unter anderem können wir in der legenda aurea  über sein Leben und seine Taten lesen. Von Jesus Christus wurde er beauftragt in die Welt zu ziehen, um das Wort Gottes zu verbreiten. Durch seine Missionarsaktivität geriet er in Bedrängnis und starb schließlich den Märtyrertod – er wurde zur Hinrichtung durch Hautabziehen verurteilt. Darum bilden das Schindermesser und das körperleere Hautkostüm seine Attribute, die sich folglich auch im Chor wiederholt wiederfinden.

Bartholomäus als Patron

Nach der Beschaffung einer Reliquie des Heiligen um 1215, wurde der Dom 1239 neben dem Erlöser Bartholomäus geweiht. Neue Reliquien führten oftmals zur Entwicklung eines neuen Kults vor Ort.

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Wichtigkeit erlangte Bartholomäus für Frankfurt über die Anschaffung einer Reliquie ab 1215. Es soll sich dabei um die Hirnschale des Predigers handeln.

Am 24. August 1239 wurde der Dom sodann zu Ehren von Sankt Salvator (dem Erlöser) und Bartholomäus geweiht. Dabei handelt es sich um einen üblichen Vorgang: Erhielt eine Kirche eine wichtige Reliquie, fand anschließend häufig ein Wechsel des Patronats statt.4E Rexroth, Karl Heinrich: 750 Jahre Frankfurter Kaiserdom Sankt Bartholomäus: 1239 – 1989, Frankfurt am Main: Historisches Museum 1989, S. 28Im Zuge einer Reliquienbeschaffung entwickelte sich häufig rasch ein neuer Kult.5Rexroth, Karl Heinrich: 750 Jahre Frankfurter Kaiserdom Sankt Bartholomäus: 1239 – 1989, Frankfurt am Main: Historisches Museum 1989, S. 28. Der Heilige stand nun auf einer Ebene mit dem Erlöser. In der Folge war das Chorherrenstift zuvorderst Bartholomäus gewidmet. Ab dem 14. Jahrhundert erscheint er letztendlich als alleiniger Stadt- und Stiftspatron. Der nicht mehr erhaltene Hochaltar wurde kurz nach der Stiftung des Chorgestühls im Jahr 1348 zu Ehren des Apostels Bartholomäus geweiht.6Saurma-Jeltsch, Lieselotte: Karl der Große als vielberufener Vorfahr. Sein Bild in der Kunst der Fürsten, Kirchen und Städte, Sigmaringen: Thorbecke 1994, S. 6. Im Jahr 1360 wird in einem Schatzverzeichnis (das zweite erhaltene seit dem 10. Jahrhundert) dann auch das erste Mal ein Kopfreliquiar des Heiligen erwähnt. Es bleibt zurückverfolgbar bis ins 18. Jahrhundert.7Stolleis, Karen: Der Frankfurter Domschatz. Band 3. Inventare und Verzeichnisse. Quellen zur Geschichte des Domschatzes, Frankfurt a.M.: Kramer 1994, S. 9.

Das Patronat des Apostel Bartholomäus entfaltete sich dementsprechend über einen längeren Zeitraum von rund hundert Jahren. Allein blieb er dabei nicht sehr lange. Schon bald gesellte sich dem Patron, dem zunächst schon Sankt Salvator zur Seite stand und schließlich ablöste, Karl der Große zur Seite.

Geliehene Heiligkeit

Bartholomäus Heiligkeit strahlt auf den Kopatron, Karl der Große aus.

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Es zeigt sich hier eine gewisse geliehene Heiligkeit. Durch die Parallelisierung des Karolingerkönigs mit dem Apostel kann vor allem ersterer seine Stellung anheben. Bartholomäus zeichnet sich durch die große Wirkung seines Martyriums aus, auf das Frankfurt mittels der Reliquie der Hirnschale besonders verweisen konnte. Karl erscheint als der Idealtypus eines gerechten christlichen Herrschers, was durch das Nebeneinander mit Bartholomäus noch einmal bekräftigt wird. Beide Patrone erfüllen so einen Zweck, wirken aber besonders stark in ihrer Verbindung.8Heuser, August: Geliehene Heiligkeit? Zur Parallelisierung des Apostels Bartholomäus und Kaiser Karls des Großen, in: Heuser, August (Hrsg.): Karlsverehrung in Frankfurt am Main. Eine Ausstellung des Dommuseums Frankfurt und des Historischen Museum Frankfurt, 13.12.2000 – 11.02. 2001, Frankfurt a.M.: Dommuseum 2000, S. 68 – 72.

Ausschnitt Karls des Großen aus Titelblatt 
des liber censuum, 
1462-1590
Ausschnitt Karls des Großen aus Titelblatt des liber censuum, 1462-1590

Karl der Große

Obwohl Karl der Große nur einmal im Jahr 794 in Frankfurt Halt machte, bildet er einen wichtigen Bezugspunkt in der Stadtgeschichte. Nicht zuletzt, weil die erste urkundliche Erwähnung des Orts auf diesen Besuch zurückgeht. Er hielt hier außerdem eine Synode ab. Im Mittelalter gewann er gesteigerte Bedeutung im Zuge der wiederaufflammenden Karlsverehrung. Der Aufstieg des Orts zur Königsstadt hängt damit genauso zusammen. Karl gesellte sich bald dem Heiligen Bartholomäus als Dompatron zur Seite. Lange Zeit galt er gar als Begründer des Frankfurter Bartholomäusstifts. Bis heute hallt seine geschichtliche Bedeutung für die Stadt nach.

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Der Aufenthalt des Karolingerherrschers gilt als das erste schriftlich nachgewiesene Ereignis der Geschichte Frankfurts. Das Jahr 794 bildet so den urkundlich bestätigten Anfang der Stadtgeschichte. Natürlich muss schon die Infrastruktur vorhanden gewesen sein, um Karl und seinen Hofstaat sowie später die Synodenteilnehmer beherbergen zu können. Frankfurt war also bereits ein Ort gewisser Größe und Strahlkraft. Aber Karl suchte Frankfurt wohl nicht aus Überzeugung auf. Zwar hielt er 794 die besagte Synode in Frankfurt ab, besuchte die Stadt danach aber kein zweites Mal. Er kümmerte sich vor allem um den Ausbau seiner Pfalz in Aachen. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass ein Kirchenbau in Frankfurt auf ihn zurückgeht.9Wie Anm. 2., hier S. 60ff.

Im Rahmen der Synode wurden grundlegende Glaubens-, Rechts- und soziale Fragen behandelt. Unmittelbar hatte Karls Aufenthalt im Besonderen und seine Herrschaft im Allgemeinen dennoch wenig Auswirkungen auf Frankfurt. Die Stadt wurde damals erst nach seinem Tod und im Anschluss an die Reichsteilung zum Hauptsitz des ostfränkischen Reichs.10Fried, Johannes: Karl der Große in Frankfurt am Main. Ein König der Arbeit, in: Fried, Johannes (Hrsg.): 794 – Karl der Große in Frankfurt am Main. Ein König bei der Arbeit, Sigmaringen: Thorbecke 1994, S. 31.

Trotzdem erfuhr die Verbindung der Stadt zum Karolinger einige Jahrhunderte später im Mittelalter neue Aufmerksamkeit. Karl erscheint hiernach als der Begründer der bedeutsamen Stellung Frankfurts. Lange hielt sich die Legende, Karl hätte Frankfurt gar gegründet.

Karlsverehrung

Um Karl entwickelte sich durch seine (vermeintlichen) Errungenschaften ein Mythos. Im Mittelalter stellt Karl eine bedeutende Referenz als christlicher Herrscher. In Frankfurt schlug sich dies im Zuge der neu aufflammenden Karlsverehrung ab dem 12. Jahrhundert.

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Karl wurde dabei ebenso als der Stifter der Kirche inszeniert. Wie kam es zu dieser Entwicklung? Generell bildete Karl der Große das gesamte Mittelalter über einen wichtigen Bezugspunkt. Als Begründer eines riesigen Reichs mit dem Ruf eines gerechten Herrschers, entstand und verfestigte sich um ihn ein Mythos.11Classen, Albrecht: Charlemagne in medieval German and Dutch literature, Cambridge: D.S. Brewer 2021.Unter anderem geht die Bedeutungszunahme in Frankfurt zurück auf eine Karolingerurkunde. In ihr wurde aus dem Urenkel Karl dem Dicken der Urgroßvater Karl der Große. Diese willkommene Verwechslung ereignete sich in der Zeit der Staufer, deren Karlsverehrung bekannt war. Das Herrschergeschlecht zeigt sich für die erneute Bedeutungsaufladung Frankfurts nach einer längeren „Durststrecke“ zwischen dem 10. und 11. Jahrhundert verantwortlich.12Jacobs, Hans-Joachim: Das Bild Karls des Großen in der Stadt Frankfurt im 14. Jahrhundert, in: Saurma-Jeltsch, Lieselotte (Hrsg.): Karl der Große als vielberufener Vorfahr. Sein Bild in der Kunst der Fürsten, Kirchen und Städte, Sigmaringen: Thorbecke 1994, S. 63 – 86, hier S. 64ff. Frankfurt entwickelt sich so allmählich von einem Pfalzort zu einer Königsstadt – später dann zur Reichsstadt.13Hansert, Andrea C.: Geburtsaristokratie in Frankfurt am Main. Geschichte des reichsstädtischen Patriziats, Wien: Böhlau 2014, S. 41f. Damit entsteht zudem langsam das später wichtig werdende Bürgertum.14

In die Zeit fällt darüber hinaus die Königswahl Friedrich I. Barbarossas am 4. und 5. März 1152. Mit ihr begann die Einrichtung Frankfurts als Wahlstadt des römischen Kaisers sowie vermutlich allmählich die Karlsverehrung im Allgemeinen, die aber nicht sicher nachgewiesen werden kann.15Brecher, August: Die kirchliche Verehrung Karls des Großen, in: Müllejans, Hans (Hrsg.): Karl der Große und sein Schrein in Aachen, Aachen: Einhard 1988, S. 152ff. Im Zuge dessen entstand die Vita Karoli Magni, die in 34 Manuskripten bis heute überlebt hat. Sie wurde gezielt aus politischen Gründen angefertigt, um den textlichen Hintergrund für die Kanonisierung zu liefern.16Wie Anm. 10, S. 5. Der Gegenpapst Paschalis III. sprach Karl 1165 dann auf Bestreben Barbarossas Kanzlers Rainald von Dassel heilig. So sollte das Ansehen des Kaisertums wiederbelebt, die Nachfolge der neuen Kaiser betont werden. Es setzte eine Legendenbildung ein, in deren Folge viele kirchliche Gründungen und eine rege Bautätigkeit im gesamten Reich auf Karl den Großen zurückgeführt wurden.

Die Stadt Frankfurt und das Bartholomäusstift berufen sich gleichermaßen, von Rivalität geprägt, auf den Kaiser.17Kling, Burkhard; Schenk, Carmen: Karl der Große und Frankfurt. Der Aufbau einer Tradition und die Bildwerke vom Spätmittelalter bis zum 19. Jahrhundert, in: Saurma-Jeltsch, Lieselotte (Hrsg.): Karl der Große als vielberufener Vorfahr. Sein Bild in der Kunst der Fürsten, Kirchen und Städte, Sigmaringen: Thorbecke 1994, S. 139 – 174, hier S. 144ff. Im liturgischen Kontext taucht der Name Karls zuerst 1267/68 unter dem 28. Januar im Anniversarskalender des Stifts auf. Zum Beginn des 14. Jahrhunderts setzte sich schließlich ein liturgisch gefeiertes Karlsfest durch.  1356 setzt Karl IV. die Frankfurt als den Ort der Königswahl in der goldenen Bulle fest.18Auch wenn sich die Bartholomäuskirche als Wahlort durchsetzt, wurde sie im Dokument nicht explizit festgelegt. (siehe Freigang (Anm. 1) Im selben Jahr wurde das vierbändige Legendar des Stifts von Raimund von Canhiliac verfasst und abgeschlossen. Darin findet sich auch eine ausführliche Legende Karls des Großen.

Karl als Patron des Doms

Der karolingische Herrscher etabliert sich im 14. Jahrhundert als zweiter Patron. Er war als Idealtyp des christlichen Herrschers sowohl für die Stadt als auch das Stift von Bedeutung.

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Ebenso wie Bartholomäus legte der Karolinger einen allmählichen Aufstieg in Stadt und Stift hin und gesellte sich dem Apostel bald im 14. Jahrhundert als zweiter Patron zur Seite.

Kaiser Karl zu Ehren hielt man nun jedes Jahr am 28. Januar eine Prozession um die Kirche ab. Karl wurde genauso im täglichen Gebet der Stiftskleriker verehrt.

Dabei werden immer wieder die Leiden aufgeführt, die ihm sein Kampf für das Christentum bereitete. Nicht als Märtyrer gestorben zu sein, bedeutete damals einen Mangel, der auf diese Weise wettgemacht werden sollte. Im Karlsoffizium kann man daher lesen: „Für das Leid vieler war er bereit, sein Blut preiszugeben, denn wenn auch die Qual seiner Mühen ihn nicht zum Märtyrer machte, so weihte seine Treue ihn dennoch zum Bekenner“ (6. Lectio).19Krüger, Astrid: Die liturgische Verehrung Karls des Großen, in: Heuser, August (Hrsg.): Karlsverehrung in Frankfurt am Main. Eine Ausstellung des Dommuseums Frankfurt und des Historischen Museum Frankfurt, 13.12.2000 – 11.02. 2001, Frankfurt a.M.: Dommuseum 2000, S. 29ff.

Es fand eine Inszenierung Karls als Kämpfer für das Christentum, als der Inbegriff des Idealtypus eines gerechten Herrschers statt. So heißt es in einer Strophe der Karlsfrequenz (um die Mitte des 15. Jahrhunderts):

„Die Ungläubigen bekehrt er, die Tempel der Götzen zerstört er, und ihre Bilder zertrümmert er.“

Schlägt sich das zunächst in der Frankfurter Liturgie – in den Kirchenfesten – nieder, treten ab dem 15. Jahrhundert auch zusehends Bilder des Königs in Erscheinung. Das Abbild Karls begegnet uns in Frankfurt folglich immer wieder in diversen Darstellungsformen und in verschiedenen Kontexten – sei es als Figur in unterschiedlichen Materialien, als Bild auf Wänden sowie in Büchern, oder anderen Kunstprodukten. Gerade die Kirche Sankt Bartholomäus markiert dabei einen zentralen Punkt. Nicht zuletzt im Hochchor des gotischen Gotteshauses sind mehrere Karlsbilder zu entdecken.

Die Objekte im Beziehungsgeflecht

Klicke auf eine Markierung im Grundriss um die Beschreibung zu erhalten.

Levitensitz Konsolenfigur Heiliger Bartholomäus Chorgestühl Konsolenfigur Karl der Große Sakramentshaus Bartholomäusfries

Bartholomäusfries

Entlang der Nord- und Südwand des Chors zieht sich ein Wandmalereizyklus, der das Leben und Leiden des Apostels Bartholomäus chronologisch in X Paneelen abbildet und nacherzählt. Inhaltlich liegt wohl weitestgehend die Legenda Aurea zugrunde, auch wenn die Malerei in einigen Fällen davon abweicht. Stilistisch lassen sich Bezüge zur Buchmalerei herstellen (wie beim Chorgestühl). Bartholomäus Nähe zu Jesus, der als Gründer der Kirche im Allgemeinen gilt, wird in der Erzählung deutlich. Davon profitieren später die Stilisierungen Karls des Großen als legendärer Gründer des Salvatorstifts. Es ist eine theologische Parallelisierung erkennbar.

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Der sogenannte Bartholomäusfries wurde zwischen 1400 und 1425 entlang der Süd- und Nordwände aufgemalt. Der Wandmalereizyklus zeigt eine chronologische, in verschiedene Abschnitte unterteilte Darstellung des Lebens und Martyriums des Apostels Bartholomäus. Zugrunde liegt wohl weitestgehend die legenda aurea, eine Sammlung von Heiligenlegenden. Die Darstellung folgt dieser Erzählung aber nicht immer und weicht auch beim Aussehen des Apostels von der Beschreibung als bereits gealterten, bärtigen Mann ab. Stattdessen erscheint Bartholomäus hier als bartloser Jüngling.

Beschreibung

Die umlaufende Seccomalerei wurde im weichen Stil gemalt.

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Es handelt sich um eine Seccomalerei im weichen Stil von zusammengenommen 37 m Länge und 2,30 m Höhe, insgesamt um 105 m² bemalte Fläche.31Wie Anm. 19, hier S. 27ff. Zu Zeiten des Barocks (in der der Dom noch einmal viele Veränderungen durchlief) wurde die Bilderfolge weiß übertüncht, ehe sie im 19. Jahrhundert wiederentdeckt wurde.32Wie Anm. 19, hier S. 30. Unbekannt bleibt der Stifter der Malereien. Zu vermuten ist das Stiftskapitel selbst als Auftraggeber.33Wie Anm. 19, hier S. 31.

Relevanz für Beziehungsgeflecht

Der Heilige wird als Kämpfer für das Christentum inszeniert. In diese Richtung schlagen auch Erzählungen über Karl den Großen.

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Im Fries werden unter anderem mehrmals Szenen der Götzenbilderzerstörung illustriert. Bartholomäus galt als Missionar und Verfechter für das Christentum. Genau in diese Kerbe schlagen liturgische Inszenierungen Karls, der als Kämpfer für das Christentum stilisiert wurde. So heißt es in der Karlssequenz: „Die Ungläubigen bekehrt er, die Tempel der Götzen zerstört er, und ihre Bilder zertrümmert er.“

Überdies hebt der Fries die Unmittelbarkeit mit der Bartholomäus mit Jesus Christus verbunden war hervor. Die Versammlung der Jünger vor Jesus bildet die Eingangsszene. Bartholomäus Nähe zu Jesus, der als Gründer der Kirche im Allgemeinen gilt, wird deutlich. Davon profitieren später die Stilisierungen Karls des Großen als legendärer Gründer des Salvatorstifts. Es ist eine theologische Parallelisierung erkennbar. Wie schon beim Chorgestühl sehen wir eine gewisse Verbindung zur Buchmalerei, die sich in der stilistischen und narrativen Ausführung niederschlägt.34Wie Anm. 19, hier S. 31.

Sakramentshaus

Im zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts wurde das Sakramentshaus durch Frank von Ingelheim gestiftet. Am Sockel, der an der Chornordwand angebrachten Kleinarchitektur, steht der sogenannte Atzmann. Die hinteren beiden Figuren auf den Filialen sind noch die Originalen: Karl der Große und der Heilige Bartholomäus. Der Aufbau wird oft in die Nähe des bekannten Frankfurter Baumeisters Madern Gerthener gerückt. Es hebt die liturgische Bedeutung der Schutzherren hervor.

Geschichte

Das Objekt wurde vor 1450 gestiftet und befindet sich noch an der Originalposition, wurde aber höhergelegt.

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An der nördlichen Chorwand befindet sich an einem der Dienste das Sakramentsaus aus dem zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts. Das Sakramentshaus wurde von Frank von Ingelheim gestiftet.29Wie Anm. 19, hier S. 59ff. Er war Scholaster des Bartholomäusstifts. Sein Wappen tritt oberhalb des Atzmanns am Sockel des Tabernakels hervor. Häufig wird die Konstruktion mit dem damaligen Dom- und Stadtbaumeister Madern Gerthener (gestorben 1430) in Verbindung gebracht, dafür gibt es jedoch keine Belege.30Wie Anm. 19, hier S. 59ff. Obgleich das Sakramentshaus noch weitestgehend im Original und an Ort und Stelle vorhanden ist, wurde es bei der Höherlegung des Chors ebenfalls nach oben versetzt. Es verdeckt daher heute in größerem Maß den dahinter verlaufenden Bartholomäusfries. Wie bei fast allen stationären Objekten im Kirchenbau handelt es sich nicht mehr um die ursprüngliche Farbfassung. Zu Zeiten des Barocks etwa erhielt es eine weiße Tünchung.

Beschreibung

Unter den vier Persönlichkeiten auf den vier umgebenden Filialen weilen Bartholomäus und Karl jeweils an der Wandseite.

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Der sogenannter Atzmann – ein steinerner Pultträger in Erscheinung eines Diakons – stützt die Konstruktion bildlich und wörtlich. Über dieser an einer Säule lehnenden Skulptur entspringt das Tabernakel, das sich nach Osten hin öffnen lässt. Es endet in Kielbogenarkaden mit figürlichen Darstellungen in den Wimpergen: Gezeigt werden Abraham, Christus (Front) und Melchisedek. Ein gotischer Filialaufbau, der sich nach oben hin verjüngt, krönt das Sakramentshaus. Auf den unteren vier, an den Ecken vorzufindenden Filialen thronen vier Figuren auf Kapitellen. Vorne die Apostel Petrus und Paulus, hinten Bartholomäus (identifizierbar durch seine über den Arm geschwungene Haut) und Karl der Große (jetzt mit mittlerweile typischem Vollbart).

Relevanz für Beziehungsgeflecht

Die beiden Patrone wurden auf einer Höhe mit den Apostelfürsten Petrus und Paulus positioniert.

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Die letztgenannten Figuren sind von uns von Interesse, nicht nur, weil sie noch die Originalarbeiten sind. Aber was ist an ihnen so besonders?

Zunächst ist da ihr Erscheinen an diesem Platz: Man hatte offenbar keine Bedenke die Dompatrone Bartholomäus und Karl auf eine Ebene mit den Apostelfürsten Petrus und Paulus zu stellen; auch wenn nicht ganz klar ist, ob die beiden auch in der ursprünglichen Fassung dort auftraten. Vornehmlich für Karl ist das eine besondere Ehre. Er kann so als mit dem Apostelamt verbunden gelesen und zum Wächter des Allerheiligsten werden. Die beiden Heiligen bestärken sich gegenseitig in ihrer Stellung und profitieren in dieser Anordnung vom jeweils anderen. Das Kirchenmodell in der Hand des Karolingers ruft wieder die vermeintliche Kirchenstiftung hervor. Karl blickt dabei in Richtung des Altars, während sich Bartholomäus am Chormittelpunkt orientiert. Dies verdeutlicht damit ebenso die nun etablierte liturgische Bedeutung, die Karl der Große auf sich zog und stellt konkreten Bezug zu Frankfurt und, allen voran, dem Bartholomäusstift her.

Das Sakramentshaus entstand rund ein dreiviertel Jahrhundert nach den ersten Darstellungen Karls und Bartholomäus auf dem Chorgestühl. Es zeigt sich nun durch den erwähnten figuralen Kontext die gefestigte Position vor allem Karls als wichtiger Patron der Stadt und der Kirche.

Konsolenfiguren

Die beiden Konsolenfiguren befinden sich je an der Süd- und Nordwand des Chors in gleicher Höhe, mehrere Meter über dem Boden. Von dort blicken die beiden Patrone Bartholomäus und Karl in den Chorraum. Das Skulpturenpaar entstand um die Mitte des 15. Jahrhunderts. Ausgezeichnet wird Bartholomäus durch seine Attribute: dem Schindermesser und seiner abgezogenen Haut. Karl der Große erscheint mit Bügelkrone und Kirchenmodell – ein Verweis auf die damals noch angenommene Stiftsgründung durch den Karolinger.

Beide Figuren präsentieren sich unter einem halbierten, aus der Wand hervorragenden Baldachin. Dieser wurde mit verschiedenen, die Architektursprache der Gotik aufnehmenden Elementen geschmückt.  Die Figuren stehen jeweils auf einem mit einem Stifterwappen versehenen Sockel.

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An der Süd- und Nordwand des Chors können wir in einiger Höhe jeweils eine auf einer Konsole ruhende Skulptur entdecken. Mit wem haben wir es hier zu tun? An der Südwand präsentiert sich die Person Karls des Großen, an der Nordwand die des Heiligen Bartholomäus. Die Steinskulpturen treten als Pendant auf und stehen sich auf gleicher Höhe direkt gegenüber, jeweils unter einem architektonisch gefassten Baldachin. Sie erreichen je eine Höhe von 155cm. Das Figurenpaar stammt aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Beide Konsolen ziert das Wappen der Stifter: die Frankfurter Patrizierfamilie Monis. Dadurch wäre auch eine Entstehungszeit in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts denkbar. Vor allem die zweite Generation der Monis stand der Kirche besonders nahe.27Wie Anm. 19, hier S. 113ff.

Heiliger Bartholomäus

Der Heilige weist wieder seine üblichen Attribute auf: die eigene Haut sowie das Schindermesser.

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Der Heilige Bartholomäus ist mittels seiner aufgeführten Attribute identifizierbar. Über die Arme geschwungen, trägt er die eigene Haut. Ein Hinweis auf seinen Märtyrertod im Zeichen des christlichen Glaubens – wie schon der darunter verlaufende, sich allmählich dem blutigen Ende nähernde Fries verdeutlicht. Darauf referiert zusätzlich das am Gürtel getragene Schindermesser. Er hält außerdem ein Buch als allgemeines Apostelattribut in den Händen. Seine Konsole schmückt ein symbolträchtiges Tier. Es ist der Löwe, der mit seinem Atem seinem Nachwuchs Leben einhaucht. Darunter ist ein Bezug zur Auferstehung Christi zu verstehen.

Karl der Große

Karl trägt eine Bügelkrone und hält als Verweis auf die angenommene Kirchenstiftung eine Miniaturarchitektur in den Händen.

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Karl der Große erscheint mit Bügelkrone auf seinem mit voller Haarpracht bedecktem Haupt, Zepter in der Rechten und einer Kirchenminiaturarchitektur in der Linken. Gerade diese verweist wohl abermals (siehe Chorgestühl) auf seine damals so interpretierte Rolle als Stiftsgründer und seine enorm aufgeladene Rolle in der Kirchengeschichte Frankfurts. Manche machen in der viertürmigen Form der Architektur einen Verweis auf den tatsächlich unter Ludwig dem Deutschen entstandenen Vorgängerbau aus.28Wie Anm. 1, hier S. 10ff.

Außerdem trägt er einen hermelingefütterten, bis zum Boden fallenden Überhangmantel, unter dem ein beinlanges Schwert zum Vorschrein tritt. An der Konsole taucht wieder ein Tier mit Symbolwirkung auf: der Pelikan, den wir schon vom Chorgestühl kennen, füttert mit seinem eigenen Blut seinen Nachwuchs. Dies kann als Hinweis auf den Opfertod Jesu gelesen werden.

Relevanz für das Beziehungsgeflecht

Es besteht eine stilistische Ähnlichkeit zum Sakramentshaus aus der gleichen Zeit. Die Skulpturen zeigen erneut den selbstverständlichen Umgang mit Bartholomäus und Karl.

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Die Figuren ähneln stilistisch, gerade am Faltenwurf ersichtlich, jenen am Sakramentshaus. Das ebenfalls im Chor befindliche Objekt entstand in etwa zur gleichen Zeit (zweites Viertel des 15. Jahrhunderts). Die Herstellung könnte im Umfeld der Schüler des Meisters des Mariaschlafaltars zu verorten sein.

Durch ihre zeitliche Nähe bezeugen sie somit ein weiteres Mal den selbstverständlichen Umgang mit den beiden Schutzpatronen. Bis zum 16. Jahrhundert erhalten sie in zunehmender Frequenz Einzug in verschiedene Bildprogramme Frankfurts in Stadt und Kirche.

In Bezug auf das Chorgestühl setzen die beiden Schirmherren ihre Rahmung des Chors fort. Sie treten aber nun in vertauschter Folge auf: Wurde Karl beim Gestühl noch auf der Nordseite angebracht, blickt er nun von der Südwand herab, während Bartholomäus uns von seiner Konsole an der Nordwand begegnet.

Chorgestühl

Das um das Jahr 1345 entstandene Chorgestühl zeigt sowohl die früheste noch erhaltene Bartholomäusdarstellung als auch das früheste Karlsbildnis im Chor. Die Holzarbeit präsentiert die beiden Figuren sich gegenüberstehend am Eingang zum Chorbereich. Insbesondere die frühe Karlsikonografie, noch ohne Vollbart und recht jung, bildet einen interessanten Fokuspunkt. Dabei fällt auch die Ähnlichkeit mit der Buchmalerei ins Auge. Das Holzgestühl nahm im kirchlichen Alltag eine zentrale Stellung ein.

Geschichte und Aufbau

Das aus je zwei Sitzreihen bestehende Kirchenmöbel wurde wohl von Kuno von Falkenstein gestiftet. Bartholomäus und Karl der Große sind jeweils an einem Endstück als Reliefschnitzung eingefügt.

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Das Gestühl im Ganzen flankiert den Chorbereich. Es ist damit zweigeteilt, je in zwei abgestuften Reihen an der Süd- und Nordwand. Die erste Reihe ist auf beiden Seiten in der Mitte geteilt. Auf der Südseite gingen durch den Einbau eines Orgelspieltisches drei Sitze verloren, sodass der heutige Zustand noch 50 Plätze umfasst. An den Enden der Reihen befinden kunstvoll geschnitzte Abschlusswangen. Es ergeben sich je erster Reihe vier und je Rückbank zwei Hochwangen. Die Endstücke nehmen einen buchmalerischen Stil auf und zeigen neben Karl dem Großen und dem Heiligen Bartholomäus unter anderem die Heilige Agnes und Katharina, Christus am Astkreuz mit den Trauernden Maria und Johannes darunter.

Das Chorgestühl fungiert nach dem Altar als einer der Hauptbestandteile des Chors. Das Frankfurter Exemplar wurde von Kuno von Falkenstein gestiftet. Der Anlass dazu bleibt ebenso wie das genaue Datum der Stiftung unklar. Vermutet werden kann aber ein Aufbau zum Jahr 1345.1Wie Anm. 11, hier S. 68. Es wurde wohl anlässlich von Kaiserkrönungen teils ausgebaut und 1711 bei der Chorerhöhung mit nach oben versetzt.2Weerth, Elsbeth de: Die Ausstattung des Frankfurter Domes. Frankfurt am Main: Kramer 1999, S. 64ff. Insgesamt erscheint das Holzwerk relativ nüchtern und wenig ausgeschmückt. Lediglich die Wangen an allen Seiten treten mit aufwendigen Reliefschnitzungen hervor.

Objektbeschreibung

Bartholomäus wird auf der Südwange am Eingang zum Chor dargestellt. Karl der Große findet sich gegenüberliegend.

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Auf der Südwange wird im unteren Teil Christi Tod am Astkreuz mit der trauernden Maria und dem trauernden Johannes dargestellt. Der Ast geht am oberen Ende in einen Kelch über, in dem sich die Jungen eines Pelikans nach oben recken. Diese werden von der Mutter mit ihrem Blut genährt – als Verweis auf die lebenspendende Kraft von Kraft und Auferstehung Jesu.3Wie Anm. 11, hier S. 68f.
In der darüberliegenden Sektion findet sich neben dem Wappen der Butzbacher Linie der Falkensteiner unter einem Kreuzbogen der Heilige Bartholomäus. Der Apostel wird durch seine Attribute, dem Messer und der fleischlosen Haut, identifiziert. Mit der linken Hand weist er auf das Messer, das zugleich den Abschluss der Wange markiert. Das Hautkostüm verschmilzt in seiner geschwungenen Erscheinung mit dem Überhangmantel, den der Patron trägt. [Bild Bartholomäus Chorgestühl] Auf der Nordwange thront über den beiden Heiligen Agnes und Katharina an der Außenseite ein König. Wir identifizieren ihn als Karl den Großen.4Teils wurde er auch als Ludwig der Deutsche identifiziert Seine Körperhaltung passt sich ähnlich einer ornamentierten Initiale in der mittelalterlichen Buchmalerei an die geschwungene Wangenform des Gestühls ein. Er trägt moderne, elegante, höfische Kleidung. In seiner linken Hand hält er die Miniaturarchitektur einer Kirche in die Höhe. Neben dem hervorstehenden Zepter in der anderen Hand, krönt sein von vorne dreinblickendes Haupt eine Krone.

Relevanz für Beziehungsgeflecht

Das Kirchenmöbel birgt die erste (erhaltene) Bartholomäus- und Karlsdarstellung. Ihr erstes Auftreten im Chor war also bereits in Gemeinschaft.

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Das Chorgestühl birgt damit sowohl die erste Bartholomäus-, als auch die erste Karlsdarstellung im Frankfurter Dom.5Kloft, Matthais Th.: Karlsverehrung in Frankfurt am Main, in: Heuser, August (Hrsg.): Karlsverehrung in Frankfurt am Main. Eine Ausstellung des Dommuseums Frankfurt und des Historischen Museum Frankfurt, 13.12.2000 – 11.02. 2001, Frankfurt a.M.: Dommuseum 2000, S. 8 – 18, hier S. 14f. Das Abbild Karls geht auf den Zeitraum um 1345 zurück. Das Kirchenmodell in seiner Hand dient wohl als Verweis auf die vermeintliche Stiftung und Gründung der einstigen Salvatorkirche seinerseits.

Er tritt hier noch bartlos auf, während spätere Darstellung auf den Typus des Vollbarts zurückgreifen. Diese vollbärtige Darstellungsweise setzt sich in der Folge durch.

Die Anbringung wird als Versuch sich bei Karl IV. einzuschmeicheln gesehen.6Wie Anm. 11, hier S. 68ff. In die Zeit der Entstehung fällt die Konfrontation zwischen Karl IV. und dem von Frankfurter Stadt und Stift unterstützten Gegenkönig Günther von Schwarzburg. Der Stifter Kuno von Falkenberg galt darüber hinaus als Fürsprecher der Gegenpartei. Ein Zugehen auf den König erscheint also durchaus plausibel, wenn auch umstritten.7Rauch, Günter: Studien zur Frankfurter Geschichte, Band 8, Pröpste, Propstei und Stift von Sankt Bartholomäus in Frankfurt. 9. Jahrhundert bis 1802, Frankfurt am Main: Kramer 1975, S. 54. [Bild Grabplatte Günther von Shcwarzburg ?]

In dieser Konfiguration stehen sich die beiden Dompatrone frontal gegenüber, getrennt nur von der Breite des Chors. Sie besiedeln eine Ebene und schöpfen so gegenseitig aus ihren Zuschreibungen. Vor allem der Karolinger Karl profitiert von seiner gehobenen Stellung neben einem Märtyrer. Dabei erscheint auch die Position an der Schwelle zum Chor interessant: Karl und Bartholomäus flankieren den Zugang, leiten den Chorbereich ein. Das Chorgestühl leitet derart die Entwicklung der gemeinsamen Erscheinung beider Patrone ein, deren Gründe sich aus den damals kurz zuvor anlaufenden politischen Entwicklungen in Stadt und Stift entnehmen lassen. Darauf werden auch im Anschluss entstandene Werke Bezug nehmen.

Levitensitz

  • um 1430
  • Stifter: Familie Monis

Ungefähr gegenüber dem Sakramentshaus an der südlichen Chorwand im Abschlussjoch wurde der Levitensitz als Mauernische aufgebaut. Gestiftet wurde er um 1430 von der Frankfurter Familie Monis. Neben Jesus Christus wurden hier wieder der Heilige Bartholomäus und Karl der Große in Lanzetten abgebildet. Das umgebende Maßwerk bindet beide in ein ordnungsstiftendes Netz ein.

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Im letzten Joch vor dem Chorabschluss an der Südwand liegt in einer Mauernische der Levitensitz. Er stammt aus den Jahren um 1430. Wie die Konsolenfiguren geht er auf eine Stiftung der Frankfurter Familie Monis zurück. Heute wirkt die Kleinarchitektur etwas gedrückt, da die unteren Dienstteile durch die Höherlegung um 70 cm im 18. Jahrhundert einfach verdeckt wurden.35Wie Anm. 19

Beschreibung

Hier handelt es sich um ein Kopfporträt Karls und Bartholomäus in je einem Vierpass zu Seiten Jesu.

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Unter einem von zwei Filialen gesäumten Dreiecksgiebel blickt uns aus einem Sechspass heraus Jesu Antlitz im Stil des Schweißtuchs der Veronika an. Darunter, eingeschlossen in einen Bogen, sehen wir drei Lanzetten. In der mittleren ist Christus als Schmerzensmann dargestellt, links daneben Maria, rechts Johannes. In etwa auf Höhe des Haupts Christi wurde links und rechts zwischen den Spitzbögen jeweils ein Vierpass eingefügt.

Diese Vierpässe sind für uns von besonderem Interesse, da sich hier links ein Porträt des Heiligen Bartholomäus zeigt und rechts Karl der Große gleichermaßen in Erscheinung tritt.

Relevanz für das Beziehungsgeflecht

Die beiden Patrone sind in eine mithilfe des Maßwerks eingebrachte Ordnung der wichtigsten christlichen Persönlichkeiten eingebettet.

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Das rahmende Maßwerk stellt netzartig eine gewisse Ordnung zwischen den einzelnen Personen her. Sie werden zueinander in Beziehung gesetzt. Dabei fügen sich Bartholomäus und Karl der Große wieder selbstverständlich in ein größeres Geflecht der wichtigsten Persönlichkeiten des Christentums ein. Erneut profitiert Karl von der Nähe zu Bartholomäus und nun auch zu Christus, neben dem beide ja unmittelbar auf einer Ebene eingesetzt sind. 

Ein Zusammenhang mit den übrigen Wandmalereien im Chor – darunter dem umlaufenden Malereizyklus über das Martyrium des Bartholomäus – ist naheliegend. So verfolgt auch dieses Werk noch weitestgehend die Prinzipien des weichen Stils.

Ausstattungsnutzen

All die genannten Objekte erfüll(t)en im Chorraum einen Zweck, in symbolischer als auch praktischer Hinsicht. Dieser Raum war nur dem Klerus vorbehalten und lange Zeit nicht einmal für andere einsehbar, da abgetrennt durch den Lettner. Der Chor war zentral für alle liturgischen Abhandlungen, er stellte den Dreh- und Angelpunkt der Stiftsaufgaben. Hier kamen die Kanoniker und anderes Kirchenpersonal zusammen, wurden die täglichen Stundengebete der Stiftskleriker abgehalten. Tagtäglich und besonders bei den hohen Kirchenfesten markiert der Chor das Herzstück der liturgischen Abhandlungen. Besonders an den großen kirchlichen Festen (Weihnachten, Dreikönig, Ostern, Maria Himmelfahrt, etc.) war der Chor als Austragungsort eingebunden in feste, durchorganisierte Feierlichkeiten. 

Wem dient die Ausstattung des Chors?

In der Entstehungszeit der vorgestellten Objekte war der Chorbereich noch alleinig der Geistlichkeit zugänglich. Das beschränkt die Nutzer auf den Klerus.

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Nachdem auf dieser Seite eine Reihe der Ausstattungsobjekte im Hochchor der Frankfurter Stiftskirche St. Bartholomäus vorgestellt und zueinander in Beziehung gesetzt wurden, bleiben zwei wichtige Fragen noch unbeantwortet: Wofür und für wen wurde diese Gegenstände überhaupt angefertigt und aufgestellt? Welchen Nutzen erfüllten die meist hochwertigen und künstlerisch anspruchsvollen Stücke? Diesen Fragen sind auch deswegen interessant, weil der Chor lange Zeit dem Klerus vorbehalten blieb. Die weitere Bevölkerung hatte zu diesem Kirchenbereich keinen Zugang. Ein Lettner trennte den Chor von Lang- und Querhaus. Somit wurde der Kreis der möglichen Nutzer bereits stark auf die Geistlichkeit eingegrenzt.

Tätigkeiten im Chor

Der Chor als zentraler Ort der liturgischen Abhandlungen bietet den Raum für die täglichen Gebete der Kleriker. Seit spätestens dem 14. Jahrhundert wurde Karl der Große in diese Gebete eingeschlossen, ebenso wie die Bartholomäus-Passion.  

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Im Chorbereich übten die Stiftskleriker ihre täglichen Gebete aus. Spätestens seit dem 14. Jahrhundert wurde Karl der Große in diesen Stundengebeten der Stiftskleriker eingeschlossen.36Wie Anm. 17, hier S. 27. Lange Zeit war es üblich diese Gebete in der Kirche abzuhalten. Ebenfalls seit dem 14. Jahrhundert entwickelte sich aber eine private Form des Stundengebets, die nicht mehr an einen Ort gebunden war. Die üblichen großen Chorbücher waren hierzu weniger geeignet. Sie wurden nun durch das Brevier ersetzt, eine Kurzfassung im Kleinformat. Trotzdem bewahrte der Chorbereich seine bedeutende Stellung.

Die Liturgie um Bartholomäus hielt Einzug in gleich mehrere Handschriften des Stifts. Beispielsweise wurden im Chor Texte aus der Bartholomäus-Passion im Stundengebet gelesen. Diese Lesungen begannen jeweils am ersten Tag der Oktavwoche (die Woche nach einem größeren kirchlichen Fest)37Krüger, Astrid: Der Heilige im Raum. Bartholomäus-Liturgie und Bartholomäus-Darstellungen im Frankfurter Kaiserdom Sankt Bartholomäus, in: Bauer, Dieter (Hrsg.): Heilige – Liturgie – Raum, Stuttgart: Steiner 2010, S. 137 – 154, hier S. 150.

Gebetet werden sollte siebenmal am Tag, bestehend aus Matutin (Morgengebet), Nocturnen (Nachgebete), Laudes (Lobgebet), Prim( 1. Stunde – 6 Uhr), Terz (3. Stunde – 9 Uhr), Sext (6. Stunde – 12 Uhr), Non (9. Stunde – 15 Uhr), Vesper (Abend) und Komplet (vor der Nachtruhe).38Wie Anm. 17, hier S. 28. Als Basis der Gebete dienten die Psalmen.

Eine Prachtniederschrift des Stifts vom Beginn des 14. Jahrhunderts gibt weiterhin Auskunft über die hierarchisch organisierten Liturgieabläufe im Chor.39Wie Anm. 21, hier S. 13f. Auch wenn es sich dabei nur um einen Idealzustand handelt – wie es ablaufen sollte, nicht wie es ablief – lassen sich daraus einige Schlüsse ziehen, die unter dem Punkt Frankfurter Liturgie auf dieser Seite ausführlicher dargelegt werden.

Festzuhalten bleibt, dass der Chor zentral für alle liturgischen Abhandlungen war, er war der Dreh- und Angelpunkt der Stiftsaufgaben. Hier kamen die Kanoniker und anderes Kirchenpersonal zusammen. Insbesondere an den großen kirchlichen Festen (Weihnachten, Dreikönig, Ostern, Maria Himmelfahrt, etc.) war der Chor als Austragungsort eingebunden in feste, durchorganisierte Feierlichkeiten.40Wie Anm. 21, hier S. 13f. Dazu gehörten unter anderem festlicher Gesang sowie Orgelspiel.

Dementsprechend betraten die Stiftsherren den Chor im Spätmittelalter in festvollen liturgischen Gewändern aus Samt oder Seide und trugen dabei eine Pelzmütze.41Wie Anm. 21, hier S. 13f. Dies unterstreicht die überragende Bedeutung dieser Örtlichkeit.

Nutzen der Ausstattung

Den Objekten kommen aktive und passive Aufgaben zu: Das Chorgestühl dient als Sitzgelegenheit während Messe und Gebet, während das Sakramentshaus die Sakramente behütet. Die Wandmalereien oder die Konsolenfiguren unterstreichen hingegen eher die Symbolik und machen christliche Erzählungen sowie die Schutzherren selbst präsent.

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In dieser täglichen, teils feierlichen Liturgie erfüllten die verschiedenen Ausstattungsobjekte aktive und passive Aufgaben.

Auf dem Chorgestühl nahmen die Stiftsherren während der Messe und dem Gebet Platz. Der Platz an der Wange mit der Darstellung des Heiligen Bartholomäus war für den Propst (oberste Spitze des Stifts) vorgesehen, auf der gegenüberliegenden Seite, an der Karl den Großen zeigenden Wange, nahm der zweite Prälat, der Dekan, Platz. Die Sitzordnung auf dem Gestühl spiegelt die liturgische Organisation und die Hierarchie des Stifts.

Das Sakramentshaus beherbergt, wie der Name bereits vermuten lässt, die Sakramente – also das transsubstituierte Leib Christi. Es war demgemäß in die Abendmahlsfeier eingebunden.

Auf dem Levitensitz, unter seiner prächtigen Maßwerkarchitektur nahmen für gewöhnlich höherrangige Mitglieder des Klerus Platz. Sie zogen prozessionsartig in den Chor ein und ließen sich dort zu bestimmten liturgischen Abschnitten nieder.

Weniger aktiv fällt die Rolle der Wandmalerei aus. Der Bartholomäuszyklus umläuft den Aufenthaltsraum der Kleriker. Vermutlich verbrachten diese viele Stunden mit der Betrachtung dieser Malereien, während über ihnen die Konsolenfiguren wachten. Die Inszenierung durch den Wandmalereizyklus erscheint insbesondere interessant, weil er wohl als Auftragsarbeit des Stifts selbst gesehen werden muss.42Wie Anm. 34, hier S. 138.

Der Chor stellt somit eine Kulmination der kirchlichen Liturgie und schließlich des Zwecks (Gebet und Fürbitte um Gottes Wohlwollen) des Stifts dar. Er bildet die konzentrierte Essenz des kirchlichen Alltags ab und wurde demgemäß ornamentiert und ausgestattet.

Es verwundert daher wenig, dass an einem so besonderen und fundamentalen Platz des täglichen Stiftslebens die Patrone der Kirche – der Apostel Bartholomäus und Karl der Große – hervorgehobene Rollen einnehmen, die ihrer beiden Kult in Liturgie auch visuell und symbolisch widerspiegeln und inszenieren.

Zusammenfassung

Es offenbart sich, wie wichtig die beiden Patrone für Stadt und Stift mit der Zeit wurden. Sie sind eng mit dem Aufstieg der Stadt und der Stellung des Stifts verbunden. Bartholomäus gelangt durch eine Reliquie in den Fokus, während Karl der Große die Verbindung zum Reich und deren Kaiser schlägt. Diese Entwicklungen spiegeln sich in der in diese Zeit fallende Ausgestaltung und Ausstattung des Hochchors wider. Viele Objekte stellen den Bezug her und lassen die beiden im Chor allgegenwärtig erscheinen.

Die Bedeutung der Dompatrone

Karl und Bartholomäus gewannen hauptsächlich ab dem 14. Jahrhundert an Bedeutung für das Stift.

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In dieser Aufstellung zeigt sich die Bedeutung, die Karl dem Großen als vermeintlicher Stiftsgründer und dem Heiligen Bartholomäus im Lauf der Zeit zugewiesen wurde. Bartholomäus gewinnt an Prominenz, nachdem eine Reliquie in die Stadt gebracht wurde, ihn dort präsent machte. Karl wurde wichtig im Zuge seines Aufenthalts in Frankfurt im Jahr 794 und den Jahrhunderte später entstandenen Interpretationen. Interpretationen, die im Kontext der aufflammenden Karlsverehrung erwuchsen. Dabei spielt auch die Festlegung Frankfurts als Wahlstadt der Könige eine hervorzuhebende Rolle. Beide Schirmherren wurden hauptsächlich ab dem 14. Jahrhundert wichtig für die Kirche. Sie verkörperten in mehrerlei Hinsicht das christliche Ideal: den umfassenden Anspruch des Christentums und dessen Verbindung mit der Herrschaft.

Der Zusammenhang mit der baulichen Entwicklung

Der Bedeutungszuwachs Karls und des Apostels Bartholomäus fallen zeitlich zusammen mit dem Bau des Hochchors. Folglich erhalten sie dort gesteigerte Präsenz.

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Die unternommenen baulichen Veränderungen dürften überdies ebenso mit dem Erwerb der Reliquie des Apostels Bartholomäus zusammenhängen.43Wie Anm. 2. Später wird Karl aber immer wieder auf das Niveau eines solchen Apostels gehoben und in seiner Stellung symbolisch aufgeladen. Er erlangt zunehmend Stellenwert in Liturgie und gilt wie die Apostel als ein Inbegriff für Frömmigkeit.44Wie Anm. 7.

So verwundert es nicht, dass gerade im jüngeren Teil des Doms (im Hochchor, der kurz vor dem Bedeutungszuwachs Karls und nach der Reliquienbeschaffung in Angriff genommen wurde) die Ausstattungsobjekte diese Entwicklung aufgreifen und sie symbolisch darstellen. Auch, indem sie Bezug aufeinander nehmen und die Dompatrone ebenbürtig, meist im Zweierpaar, aufführen.

Dabei fällt vor allem die Flankierung des Chors durch die beiden Persönlichkeiten ins Auge. Die westlichen Chorwangen, mit Karl an der Nord- und Bartholomäus an der Südwand, begründen den Eingang zum Chor. Die Patrone markieren den Übertritt. Im vorderen Chorbereich selbst setzen die Konsolenfiguren diese Rahmung mit vertauschten Plätzen fort. Es entsteht eine Überkreuzstellung. Sie begegnen uns nun aber nicht mehr auf Augenhöhe, sondern wachen über uns. Kurz vor dem Chorabschluss erscheinen sie dann nochmals in etwas geringerer Höhe am Sakramentshaus. Wobei Karl in diesen, also gen Osten, blickt. Bartholomäus hingegen in den inneren Chorbereich schaut. Letzten Endes hat der Besucher im Chor so immer einen der beiden Patrone im Blickfeld und umgekehrt. Dies noch viel mehr, bezieht man den umlaufenden Bartholomäusfries mit ein. Letzterer und die Konsolfiguren befinden sich heute in Relation zum Betrachter niedriger als dies einst der Fall war. Die anderen Objekte sind gleichermaßen mit dem Boden erhöht worden.

Der Kontext: Widerstreit zwischen Stadt und Stift

Zwischen Stadt und Stift bestand über Jahrhunderte eine gewisse Rivalität. Beide berufen sich gleichermaßen auf die beiden Persönlichkeiten Bartholomäus und Karl.

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Nicht zu vergessen ist außerdem die über Jahrhunderte fortlaufende Rivalität zwischen Stift und Stadt. Das Stift befand sich in diesem Widerstreit meist in der Defensive. Beide Institutionen aber berufen sich auf Karl den Großen als ihren Gründer und gesellen ihn Bartholomäus zur Seite. So wird versucht, besonders auf Seiten des Stifts, daraus Nutzen zu ziehen – auch in Bezug auf die regelmäßigen Privilegienbestätigungen durch die Kaiser.45Wie Anm. 23, hier S. 247. Die Objekte schreiben sich allgemein in diese Geschichte aus Übereinkünften und Widerstreiten ein, können in ihrer Ikonografie und Erscheinung aber nur mit Mühe auf konkrete Anlässe zurückgeführt werden.

Neben dem Hochchor finden sich auch noch an anderen Stellen vergleichbare Darstellungen, die jedoch nicht den Fokus dieser Ausarbeitung bildeten. Zu nennen wären beispielsweise die Heiligen am figürlich reich bestückten Süd- und Nordquerhausportal.

Fußnoten

Hier finden Sie eine detaillierte Auflistung aller Quellen, die den Ausarbeitungen dieser Seite zugrundeliegen.

[1] Dombrand

[2] Freigang, Christian: Der Frankfurter Dom als Wahlort der deutschen Könige. Architektonische, liturgische und politische Aspekte, in: Pelizaeus, Ludolf (Hrsg.): Wahl und Krönung in Zeiten des Umbruchs, Frankfurt am Main (u.a.) 2008, S. 131-156 (Mainzer Studien zur Neueren Geschichte ; 23);  Wolff, Carl: Der Kaiserdom in Frankfurt am Main. Eine baugeschichtliche Darstellung, Frankfurt a.M.: Carl Jügel’s Verlag 1892.

[3] Hampel, Angerer: Der Kaiserdom zu Frankfurt am Main. Ausgrabungen 1991 – 93, Frankfurt a.M. 1994, S.53.

[4] E Rexroth, Karl Heinrich: 750 Jahre Frankfurter Kaiserdom Sankt Bartholomäus: 1239 – 1989, Frankfurt am Main: Historisches Museum 1989, S. 28

[5] Rexroth, Karl Heinrich: 750 Jahre Frankfurter Kaiserdom Sankt Bartholomäus: 1239 – 1989, Frankfurt am Main: Historisches Museum 1989, S. 28.

[6] Saurma-Jeltsch, Lieselotte: Karl der Große als vielberufener Vorfahr. Sein Bild in der Kunst der Fürsten, Kirchen und Städte, Sigmaringen: Thorbecke 1994, S. 6.

[7] Stolleis, Karen: Der Frankfurter Domschatz. Band 3. Inventare und Verzeichnisse. Quellen zur Geschichte des Domschatzes, Frankfurt a.M.: Kramer 1994, S. 9.

[8] Heuser, August: Geliehene Heiligkeit? Zur Parallelisierung des Apostels Bartholomäus und Kaiser Karls des Großen, in: Heuser, August (Hrsg.): Karlsverehrung in Frankfurt am Main. Eine Ausstellung des Dommuseums Frankfurt und des Historischen Museum Frankfurt, 13.12.2000 – 11.02. 2001, Frankfurt a.M.: Dommuseum 2000, S. 68 – 72.

[9] Wie Anm. 2., hier S. 60ff.

[10] Fried, Johannes: Karl der Große in Frankfurt am Main. Ein König der Arbeit, in: Fried, Johannes (Hrsg.): 794 – Karl der Große in Frankfurt am Main. Ein König bei der Arbeit, Sigmaringen: Thorbecke 1994, S. 31.

[11] Classen, Albrecht: Charlemagne in medieval German and Dutch literature, Cambridge: D.S. Brewer 2021.

[12] Jacobs, Hans-Joachim: Das Bild Karls des Großen in der Stadt Frankfurt im 14. Jahrhundert, in: Saurma-Jeltsch, Lieselotte (Hrsg.): Karl der Große als vielberufener Vorfahr. Sein Bild in der Kunst der Fürsten, Kirchen und Städte, Sigmaringen: Thorbecke 1994, S. 63 – 86, hier S. 64ff.  

[13] Hansert, Andrea C.: Geburtsaristokratie in Frankfurt am Main. Geschichte des reichsstädtischen Patriziats, Wien: Böhlau 2014, S. 41f.

[14] Wie Anm. 12, S. 41f und S. 77.

[15] Brecher, August: Die kirchliche Verehrung Karls des Großen, in: Müllejans, Hans (Hrsg.): Karl der Große und sein Schrein in Aachen, Aachen: Einhard 1988, S. 152ff.  

[16] Wie Anm. 10, S. 5.

[17] Kling, Burkhard; Schenk, Carmen: Karl der Große und Frankfurt. Der Aufbau einer Tradition und die Bildwerke vom Spätmittelalter bis zum 19. Jahrhundert, in: Saurma-Jeltsch, Lieselotte (Hrsg.): Karl der Große als vielberufener Vorfahr. Sein Bild in der Kunst der Fürsten, Kirchen und Städte, Sigmaringen: Thorbecke 1994, S. 139 – 174, hier S. 144ff.

[18] Auch wenn sich die Bartholomäuskirche als Wahlort durchsetzt, wurde sie im Dokument nicht explizit festgelegt. (siehe Freigang (Anm. 1)

[19] Krüger, Astrid: Die liturgische Verehrung Karls des Großen, in: Heuser, August (Hrsg.): Karlsverehrung in Frankfurt am Main. Eine Ausstellung des Dommuseums Frankfurt und des Historischen Museum Frankfurt, 13.12.2000 – 11.02. 2001, Frankfurt a.M.: Dommuseum 2000, S. 29ff.

[20] Wie Anm. 11, hier S. 68.

[21] Weerth, Elsbeth de: Die Ausstattung des Frankfurter Domes. Frankfurt am Main: Kramer 1999, S. 64ff.

[22] Wie Anm. 11, hier S. 68f.

[23] Teils wurde er auch als Ludwig der Deutsche identifiziert

[24] Kloft, Matthais Th.: Karlsverehrung in Frankfurt am Main, in: Heuser, August (Hrsg.): Karlsverehrung in Frankfurt am Main. Eine Ausstellung des Dommuseums Frankfurt und des Historischen Museum Frankfurt, 13.12.2000 – 11.02. 2001, Frankfurt a.M.: Dommuseum 2000, S. 8 – 18, hier S. 14f.

[25] Wie Anm. 11, hier S. 68ff.

[26] Rauch, Günter: Studien zur Frankfurter Geschichte, Band 8, Pröpste, Propstei und Stift von Sankt Bartholomäus in Frankfurt. 9. Jahrhundert bis 1802, Frankfurt am Main: Kramer 1975, S. 54.

[27] Wie Anm. 19, hier S. 113ff.

[28] Wie Anm. 1, hier S. 10ff.

[29] Wie Anm. 19, hier S. 59ff.

[30] Wie Anm. 19, hier S. 59ff.

[31] Wie Anm. 19, hier S. 27ff.

[32] Wie Anm. 19, hier S. 30.

[33] Wie Anm. 19, hier S. 31.

[34] Wie Anm. 19, hier S. 31.

[35] Wie Anm. 19, hier S.

[36] Wie Anm. 17, hier S. 27.

[37] Krüger, Astrid: Der Heilige im Raum. Bartholomäus-Liturgie und Bartholomäus-Darstellungen im Frankfurter Kaiserdom Sankt Bartholomäus, in: Bauer, Dieter (Hrsg.): Heilige – Liturgie – Raum, Stuttgart: Steiner 2010, S. 137 – 154, hier S. 150.

[38] Wie Anm. 17, hier S. 28.

[39] Wie Anm. 21, hier S. 13f.

[40] Wie Anm. 21, hier S. 13f.

[41] Wie Anm. 21, hier S. 13f.

[42] Wie Anm. 34, hier S. 138.

[43] Wie Anm. 2.

[44] Wie Anm. 7.

[45] Wie Anm. 23, hier S. 247.